Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Broschiert
266 Seiten
DTV Verlag
Erscheinungsdatum:
Februar 2000
ISBN: 3423203021
Übersetzung:
Lars Kruse
Originaltitel:
"Uden sikker viden"
Kurzbeschreibung:

Eine Frau ist ermordet worden. Ein Mann macht sich auf die Suche nach dem Mörder seiner Verlobten. Es ist wenig, was er in Händen hält: ein pornographisches Foto, den Namen eines Unbekannten und die Zimmernummer eines Hotels in Los Angeles. Der Journalist Martin Molberg fliegt nach Amerika, und er sucht mehr als nur die Lösung eines Kriminalfalls. Er sucht nach der Wahrheit – der Wahrheit des Mordabends und der Wahrheit seines eigenen Lebens. Denn wie kommt Monique auf ein solches Foto? Lebte sie noch ein anderes Leben als jenes, das sie mit ihm teilte? War sie überhaupt die, für die er sie hielt? Hat der Mord auch die gemeinsame Vergangenheit zerstört?

Stimmen:
Ein zynischer und bitterer Thriller und zugleich ein literarisches Meisterstück über eine Welt, in der das Bild die Wirklichkeit längst ersetzt hat.

Weitere Informationen (Ext. Link)

Leseprobe

15

Lindvig untersucht das Foto eingehend. Er schüttelt den Kopf. »Wenn es Schmu ist, dann ganz sicher außergewöhnlich gut gemachter«, sagt er.
»Es ist Schmu, es muß Schmu sein. Die Frage ist nur, wie es gemacht wurde.« Er zuckt die Achseln. »Tja, unmöglich, das mit Sicherheit zu sagen. Irgendwas, wovon sie ausgegangen sind, müssen sie ja gehabt haben. Sie könnten natürlich einen anderen Körper benutzt haben, aber das ist ziemlich unwahrscheinlich. Das ist doch ihr Körper, oder?«
»Ja, Moniques Körper kenne ich.« »Sieh mal«, sagt er und klickt ein paar Pull-down-Menüs auf dem Computer an. Oder vielmehr auf der »Workstation«, wie er insistiert. Obwohl das Ding für mich nun wirklich genau so aussieht wie das, was ich unter einem Computer verstehe. Monitor, Keyboard, Maus. Er öffnet ein Fenster auf dem Schirm. »Im Prinzip kann man heute mit einem Computer alles machen«, sagt er und klickt mit der Maus. Ein einfaches, gestricheltes Bild erscheint auf dem Monitor. »Das hier ist der erste Entwurf für eine typische Animation.«
Das Bild zeigt ein Zimmer, das mit weißen Linien auf schwarzem Hintergrund gezeichnet ist. Die einzelnen Requisiten sind nur mit wenigen Strichen angedeutet. Eine Kaffeekanne, ein Tisch, eine Lampe, ein Spiegel, von allem etwas. Die Szene ist von oben gesehen. Sie macht im
Vergleich zu dem Foto-Schmu, der danebenliegt, keinen nennenswerten Eindruck auf mich. »Wart's nur ab«, sagt er. »Noch ist es orthogonal, das heißt, ohne Perspektive. Jetzt gehen wir das Ganze von Stufe zu Stufe durch. Paß mal auf, was gleich passiert.« Er klickt das nächste Bild hervor. »Jetzt habe ich runtergezoomt, und wir sehen das Ganze wie durch eine Kamera. Wir gucken uns das Zimmer jetzt mal genauer an. Du siehst Objekte wie in einem normalen Wohnzimmer. Immer noch mit Linien gezeichnet und durchsichtig, aber ich habe depth-cueing darübergelegt. Das bedeutet, es kommt Tiefe ins Bild. Die Polygone ziehen sich zum Fluchtpunkt zusammen. Das gibt dem Ganzen Dimension, wie in der Realität.« Er klickt weiter. Er legt Farben auf die Linien, aber immer noch wirkt es streichholzartig. Er legt Farbe auf die Figuren, aber es bleiben Farbflächen. Das Bild sieht jetzt aus wie ein Aquarell im Anfangsstadium.
Er klickt erneut.

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Leseprobe

»Jetzt haben wir shading dazugelegt. Es ist an die individuellen Flächen gekoppelt, die durch die Polygene gebildet werden. Das ist die einfache Variante, Perspektive zu schaffen.« Langsam wird etwas aus dem Bild. Es bilden sich neue Farben, Farbnuancen und eigene Schatten für Lampen, Kaffeekanne und Aschenbecher. Trotzdem sieht es immer noch künstlich aus, ähnelt einer kubistischen Zeichnung mit klaren, gesättigten Farbflächen.
»Jetzt kommt das Wichtigste: Gourauds Algorithmus. Smoothing nennt man das. Oder discontinuity.« Jetzt kommt Leben in die Sache. Die Schlagschatten werden tief und intensiv, Lichtreflexe lassen die Gegenstände aufblitzen. Aber immer noch besitzt das Bild keine Authentizität, immer noch sieht es künstlich aus. »Eben weil wir die Lichtreflexe erst jetzt berücksichtigen«, sagt er, während er das nächste Bild hervorklickt. »Jetzt siehst du das gleiche Bild, aber mit einem anderen Algorithmus berechnet: Phongshading heißt er, macht alles sehr viel realistischer, weil die Wirkung des Lichts in jedem einzelnen Pixel untersucht wird. Aber dazu braucht man auch viel mehr Rechenkapazität. In
diesem Stadium kann man auch erkennen, daß mehrere Lichtquellen hinzugefügt wurden. Die Lampe brennt, und man sieht das Licht auf dem Tisch.« Das letzte Bild, das er hervorklickt, zeigt die totale Manipulation. Von einzelnen Linien sind wir ausgegangen, jetzt sind wir bei einem Bild angelangt, das von einem Foto fast nicht mehr zu unterscheiden ist. Der Spiegel an der Wand reflektiert die Gegenstände auf dem Tisch. Sie spiegeln sich in der Tischoberfläche, die glänzt und aussieht wie gelackt. Das Licht steht perfekt. Wie durch Magie ist mit Hilfe von Formeln, die in Menüs eingespeichert sind, aus einzelnen Linien ein Bild entstanden, das das Auge bis ins letzte betrügt.»Man nennt das Fotorealismus«, sagt er und klickt die Bilder weg. Er nimmt das Foto in die Hand und starrt es durchdringend an. »Im Prinzip kann das hier, obwohl es ungeheuer lebendig aussieht, auf die gleiche Weise gemacht worden sein. Normalerweise geht man von etwas aus. Von einem Foto, vielleicht von mehreren Fotos. Die würde man dann in ein Bildbearbeitungsprogramm einscannen und manipulieren.«
»Und dann auf den Hintergrund legen?« frage ich.
»Der Hintergrund muß nicht unbedingt echt sein«, sagt er. »Wie meinst du das? Ich kenne den Raum, diese Tapete, den Spiegel. Ich habe da gewohnt. Es ist das Four Seasons.«
»Nicht unbedingt.«
Er öffnet ein Pull-down-Menü, geht in ein paar Untermenüs, klickt eine Box mit einem Bild an, auf dem eine Kugel mit dunkelbraunen, holzigen Farben in verschiedenen Schattierungen und in Hochglanz zu sehen ist. »Procedural textures. Hier werden Grundstrukturen von natürlichen Materialien wie Holz, Marmor und Wolken nachgeahmt. Das Ganze basiert auf Formeln. Man kann die Materialien vermischen oder färben - wie man es gerade haben will. Tausende von Möglichkeiten liegen in so einem SoftwarePaket. Und sie können weiter kombiniert und manipuliert werden, so daß es unzählige Möglichkeiten gibt.
Man kann genau den Hintergrund herstellen, den man sich wünscht.«
Ich hole das Video hervor, lasse die Kassette, die im Videorecorder sitzt, auswerfen und lege das Band mit Nikolaj Martin ein. »Sieh dir das mal an.« Ich spule etwas vor. Nikolaj Martin erscheint viril und sonnengebräunt in der Krankenhaussequenz. »Was gibt's da zu sehen?« fragt Lindvig. Dann lehnt er sich langsam nach vorn und konzentriert sich auf die Bilder. »Das ist er ja«, sagt er. »Was gibt's denn da zu sehen? Das ist er doch.« Ich schüttele den Kopf. »Stimmt, es ist Nikolaj Martin. Aber ich habe meine Zweifel, daß er überhaupt jemals von Moniques Existenz gewußt hat.«
»Verstehe ich nicht«, sagt Lindvig. »Einen Augenblick.« Ich halte das Bild an, spule langsam vor, halte an. »Da«, sage ich.
»Was?«


Buchtipp
Camilla Läckberg - Die Eishexe: Kriminalroman (Ein Falck-Hedström-Krimi 10)

»Guck dir das Foto an! Guck auf den Monitor. Es ist das gleiche Bild.« Er schaut auf das Foto, auf den Monitor, wieder auf das Foto.
»Es ist genau gleich«, sagt er. »Es ist tatsächlich das gleiche Bild.« »Abgesehen von Monique. Sie fehlt, sie ist eingesetzt worden.«
Er hält sich das Foto direkt vor die Augen. »Es ist nicht zu sehen. Es ist nicht zu erkennen.«
Für einen Moment habe ich den Eindruck, als gefiele es ihm, daß es nicht zu erkennen ist.
»Ich finde es beunruhigend, daß man es nicht erkennt«, sage ich.Lindvig starrt fasziniert auf das Foto. Entweder beeindruckt ihn die Fälschung, oder es überkommt ihn eine kindliche Freude darüber, gefoppt worden zu sein. »Eigentlich ist es doch unfaßbar, wie schlecht wir sehen«, sagt er. »Eigentlich ist es doch beängstigend, wie unglaublich schlecht wir sehen.« Dann steht er auf und hält einen Monolog
über die Schwäche unserer Optik. Ob ich mir darüber im klaren sei, daß sie stereoskopisch ist und nur auf Licht von Wellenlängen zwischen 3000 und 7700 Ångström reagiert? Ob ich wüßte, daß wir zwischen 1200 Grautönen unterscheiden, aber Farben nicht so gut auseinanderhalten können? Ob mir bekannt sei, daß wir die Welt nicht dreidimensional sehen, sondern dies erst von klein auf
lernen? Ich schüttele den Kopf. Ich habe den vagen Eindruck, daß ich von alledem schon mal gehört habe, aber es summt in meinem Kopf. Als Journalist ohne eigentliches Spezialgebiet springt man von Thema zu Thema. Man bohrt, liest, telefoniert, und im Laufe von ein paar Tagen ist man plötzlich Experte für ein Fragment der Wirklichkeit. Häufig verwendet man nur einen Bruchteil der Informationen, die man ausgegraben hat. Nach kurzer Zeit hat man fast alles wieder vergessen. Das Ganze erinnert an Prüfungsvorbereitungen. Man paukt sein Pensum für einen
bestimmten Termin. Nur ab und zu bleiben Reste von Wissen und ein paar Fakten übrig. Ich erinnere mich zum Beispiel nur noch, daß niemand die schwierigen, etwas zu technischen Artikel über japanischen Protektionismus und die losbrechende Revolution auf den Informationshighways las. Manche der Chefs interessierten sich in erster Linie dafür, uns auf die großen Namen loszulassen, wenn wir nun schon dabei wären, über Fernsehen zu schreiben. In diesem Zusammenhang büßte »Sulky«, wie er in dieser Zeit immer noch genannt wurde, langsam seinen Status ein. Ich stehe auf. »Wir müssen dieses Foto untersuchen lassen« sage ich. »Ich habe ein paar Kontakte, aber ich
glaube nicht, daß diese Leute besonders viel über Bildmanipulation wissen. Kennst du nicht jemanden, der was davon versteht?«
Er sitzt immer noch da und und studiert das Foto. Langsam kommt er zu sich. Er nickt.
»Wieviel kannst du ausgeben?« »Egal was. Es muß nur so schnell wie möglich gehen. Am liebsten sofort.«

Danke an den DTV-Verlag für die Veröffentlichungserlaubnis.
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